Von Marcos Antonio da Costa Melo
In: FUgE news 2/2025 zu lesen
unter https://fuge-hamm.org/2025/06/01/fuge-news-ausgabe-02-2025
Während sich der Fachpromotor für Eine Welt Engagement in der Migrationsgesellschaft im Frühjahr 2025 vorwiegend mit Rassismus, Kolonialismus, Wegwerfgesellschaft und den Folgen der Mega-Projekte Chinas auf den Globalen Süden auseinandersetzte, befasste er sich im Sommer/Herbst insbesondere mit der Rolle der „Dritten Welt“ im Zweiten Weltkrieg. Darüber hinaus bedeutsam waren das Forum in Dortmund zur UN-Klimakonferenz in Belém/Brasilien und die Radiobeiträge zur Lage der Geflüchteten und Migrant*innen, v. a. der jesidischen und afghanischen Diaspora in Hamm.
Bei einem kurzen Rückblick auf rund 20 Veranstaltung haben folgende Themen außerordentlich gute Resonanz erhalten:
Die vielfältige Ausstellung „Die Dritte Welt im Zweiten Weltkrieg“ von Recherche International e.V., die aus 65 Bildtafeln, Kurz -videos, Landkarten und Interviews mit Veteranen und Zeitzeug*innen besteht, schildert u. a. die Rolle von Millionen Kolonialsoldaten aus Afrika, Asien und Ozeanien, die Europa vom Faschismus im 2. Weltkrieg befreiten. Diese Ausstellungwird seit Juni 2025 durch den Fachpromotorverliehen und wurde in zahlreichen Städten in NRW und im Bundesgebiet gezeigt. Sie war u.a. zwischen dem 2. und 12. Juni in der Auslandsgesellschaft Dortmund zusehen. Ein Teil der Ausstellung mit dem Schwerpunkt Afrika wurde im Rahmen des Afro-Ruhr-Festivals zwischen dem 4. und 5. Juli vor dem Rathaus Dortmund präsentiert. Dort fand ein intensiver Austausch über das vergessene Kapitel der Geschichte bei rund 120 Interessierten des Festivals statt. Interessierte, die die Ausstellung ebenfalls zeigen möchten, wenden sich bitte unter dacostamelo@fuge-hamm.de an den Fachpromotor.
Im Rahmen des Projektes „Interkulturelle Hammer Interviews“ produzierten geflüchtete Frauen im Juni, August und Oktober weitere Radiosendungen im Bürgerfunk auf der Lippewelle Hamm. Sie berichten über Rassismus und Diskriminierung im Alltag sowie in Ausbildung und Beruf, die ungleiche Behandlung, aber auch ihre erkämpfte Teilhabe in ihrer neuen Heimat Hamm. In jedem Erfahrungsberichtverarbeiten sie die Erkenntnis ihrer Migrationsgeschichte und geben diese weiter. Ein Fazit der Reihe „Hörbar!“ war: „Wir sind alle in mehr als einer Kultur zu Hause“.
=> Protagonistinnen der interkulturellen Interviews während der Sendung am 26. August auf Lippewelle Hamm. ©Claudia Wegener
Bei der Lesung „Die schlimmste Zeit meines Lebens“ berichtete Jihan Alomar am 4. Juli in der VHS Hamm über ihr Martyrium als Gefangene der Terrororganisation IS (Islamischer Staat) und ihre jesidische Identität. Die mehr als 40 Zuhörer*innen folgten ihren Worten in gespannter Stille. Trotz ihrer brutalen Erfahrung sprach Alomar mit ruhiger Klarheit – eine Haltung, die viele Anwesende sichtlich berührte. Ein Monat danach, anlässlich des elften Jahrestags des Völkermords an den Jesiden am 3.August 2014 in Schingal/Irak, fand der Gedenktag „Das Licht des Jesidentums“ im Stadtteilzentrum Hamm-Norden statt. Mehr als 5.000Menschen wurden damals getötet,7.000 Frauen entführt und rund400.000 Menschen mussten fliehen. Sibar Alpesos Schilderung der Flucht aus Shingal in einem Gedicht war besonders eindrücklich: „Eine Menschenmenge brach auf. Siewurden zu Nomaden. Ihr Weg und ihre Linien sind schwarz. Sie marschieren einer nach dem anderen mit Schmerz und Leid. Sie sind Flüchtlinge. Sie wandern wie Nomaden von Ort zu Ort, von Land zu Land, werden wie Vögel ohne Flügel“. Jihan Alomar und Sibar Alpeso zeigen mit ihren Werken und Initiativen der jesidischen Community, wie persönliche Stärke, Erinnerung und Aufklärung zusammenwirken können. Sie zeigen auch, wie man schreckliche Erfahrungen verarbeiten und in positives gesellschaftliches Engagement umkehren kann.
Um die 20 Leute kamen zum Gesprächsabend „Letzte Hoffnung Belém – Forum zur COP30 in Brasilien“ mit Dr. Thomas Fatheuer am 1. Oktober 2025 in die Auslandsgesellschaft Dortmund. Der Referent blickte meistens positiv auf die bevorstehende Weltklimakonferenz in Belém an der Mündung des Amazonas, da sie nach der enttäuschendenCOP28 in Dubai/Emirate undCOP29 in Baku/Aserbaidschan in einem demokratischen Land stattfindet und die Abholzung des Regenwaldes ein wichtiger Faktor bei der CO2-Emission ist. Lulas Regierung ist zudem bei der Bekämpfung der Waldbrände Amazonas erfolgreich. Im Vorfeld der UN-Klimakonferenzsind traditionelle Gemeinschaften und Indigene Brasiliens bereits mobilisiert. Darüber hinaus hat die Wahl des Ortes Belém für Fatheuer nach dem gelungenen Weltsozialforum 2009 einen hohen symbolischen Wert.
=> Ein aufmerksames Publikum verfolgt in Dortmund das Forum zur COP30. © FUgE Hamm
Dank der Zusammenarbeit mit Amnesty International, Flüchtlingshilfe und Omas gegen Rechts zeigte der Promotor am 2. Oktober bei FUgE den Film „Kein Land für Niemand“, der sich mit der Abschottung Europas und den damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen beschäftigt. Der Dokumentarfilm, der die Seenotrettung und den Rechtsruck in Europa in den Mittelpunkt rückt, nahm fast 70 Interessierte mit auf eine Reise durchpolitisch turbulente Zeiten – vom Mittelmeer über das EU-Parlament bis in deutsche Städte und Gemeinden. In eindringlichen Geschichtenzeigt der Film eine zunehmend beängstigende Realität aus Sicht von Geflüchteten. Dabei analysieren Aktivist*innen, Politiker*innen und Wissenschaftler*innen die Dynamiken und Ursachen von geschürten Ängsten durch Rechtskonservative und -radikale. Im Anschluss an den Film diskutierten Birgit Holtz (Omas gegen Rechts), Martin Kesztyüs (Flüchtlingshilfe)und Ulrich Baumert (Wipfelstürmer Hamm) über die Bedeutung der Seenothilfe an Europas Grenzen und die notwendige globale Solidarität jedes Einzelnen.
Der Fachpromotor blickt zuversichtlich auf die Veranstaltungen mit Gästen aus Brasilien, die im Oktober und November über die Ausbreitung des Sojaanbaus im Nordosten Brasilien und die möglichen Folgen der bevorstehenden Ratifizierung des Mercosur-Abkommens referieren. Nicht zuletzt findet die faire Bio-Orangenaktion in der Region statt, die auf die Ausbeutung von Geflüchteten im Süden Europas aufmerksam macht und durch eine NRW-Vortragsreihe mit Gilles Reckinger begleitet wird.
Mehr zur Fachpromotorstelle unter https://fuge-hamm.org/portfolio/interkultur-arbeit-im-rb-arnsberg
Das Interkulturellen Promotor*innen-Programm wird von der Landesregierung NRW gefördert.