Altes Problem, neues Projekt – von der Wegwerfgesellschaft zu einer Kreislaufwirtschaft
Guilherme Miranda
Auch in Zukunft geht es bei FUgE Hamm einerseits darum, bei uns in der Region über die verschiedenen Folgen eines verschwenderischen Lebensstils zu informieren und Zusammenhänge des globalisierten Konsums zu reflektieren, andererseits Lösungsansätze zu präsentieren und nachhaltige Lebensweisen zu fördern.
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Seit 2017 konnten wir dank der Unterstützung von Engagement Global und der Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalenzwei Projekte rund um die Themen Wegwerfgesellschaft, nachhaltiger Konsum und Schutz von Ressourcen durchführen. Einiges konnten wir damit bereits anstoßen. Doch es haben sich auch neue Ansätze ergeben. Seit Mai2020 sind wir dank der Projektförderung von Engagement Global nun in der Lage, eine neue Reihe mit Kampagnen und Bildungsaktivitäten bei FUgE zu starten. Mit dem Titel „Folgen unserer Wegwerfgesellschaft für Afrika, Asien und Lateinamerika am Beispiel Textilien, Papier, Handy und Elektrogeräte“ greifen wir wieder den ganzheitlichen Gedanken auf, unseren alltäglichen Müll bis in seinen Ursprung als Rohstoff zu betrachten, um auf die sozialen und ökologischen Folgen aufmerksam zu machen.
Wir stehen aufgrund des verschwenderischen Ressourcenverbrauchs vor neuen Herausforderungen und müssen unseren Konsum kritisch überdenken. Der Begriff „Imperiale Lebensweise“ bietet hierzu eine geeignete Grundlage, um die Entwicklung des Produktions- und Konsummusters, die Erschließung von neuen Märkten und die Zerstörung von Lebensgrundlagen zu verstehen. Dadurch wird sichtbar, dass wir uns unseren Lebensstil im globalen Norden auf Kosten anderer Gesellschaften und der Ressourcen der Länder des globalen Südens leisten. Die wesentlichen negativen Auswirkungen und die „wahren Kosten“ unseres Konsums werden dorthin ausgelagert, wo die Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die billige Produktion von Konsumgütern und die Entsorgung von Gegenständen wie Textilien und E-Schrott leicht gemacht wird. Diesen Ansatz betrachten wir hier als sehr aufschlussreich, um zerstörerische Produktionsstrukturen auf zu zeigen, aber auch, um entwicklungspolitische Perspektivenneu zu entwickeln.
Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Konsum von Jeans, Papier, Handy und E-Geräten im globalen Norden wird der Kern des Projektes, das Schulklassen, Multiplikatoren und Erwachsene aus der Hellwegregion einlädt, die negativen Folgen unseres Lebensstils zu reflektieren. Vernichtung von nachhaltigen Lebensformen, Landraub, Vertreibung oder Arbeitsrechtsverletzungen von Nähe rinnen, kleinbäuerlichen Familien, Indigenen und traditionellen Gemeinschaften u. a. in Brasilien, Bangladesch, Ghana, Guinea, Kongo, Indien, Pakistan oder Usbekistanwerden im Mittelpunkt der Workshops, Diskussionsforen und Veröffentlichungen stehen. Dabei spielt die Vermittlung von Lösungsansätzen eine entscheidende Rolle, damit die Zielgruppen von der kritischen Reflexion zum eigenen nachhaltigen Konsumkommen.
Durch die Bildungspakete, die in ihrem Kern aus konzeptioneller Entwicklung, Diskussionsforen, Veröffentlichungen und Work -shops bestehen, setzen sich die Zielgruppen u. a. mit dem Zusammenhang der Auswirkungen der Zellstoffproduktion und Papierverbrauch, der Herstellung einer Jeans vom Baumwollfeld bis in den Kleiderschrank sowie der Produktion, Nutzung und Entsorgung von Handys und Elektrogeräten auseinander. Mit anschaulichen Unterrichtsmaterialienlernt die Zielgruppe die Folgen unseres verschwenderischen Lebensstils von der Baumwolle, über den Abbau des Eisenerzes und des Bauxits bis zur Entsorgung des Elektroschrotts in den Ländern desglobalen Südes kennen. Dabei gehen die o. g. Bildungspakte auf die Herausforderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums und einer menschenwürdigen Arbeit sowie eines Produktions- und Konsummusters ein.
Die unterschiedlichen Maßnahmenzielen auf eine kritische Reflexion über den verschwenderischen Lebensstil der Zielgruppen ab. Die Teilnehmer*innen der Maßnahmenerfahren, dass beim Kaufjedes Produktes die sozialen und ökologischen Folgen für die Länder des globalen Südens zu berücksichtigen sind. Durch eine entwicklungspolitische Perspektive wird das Konsumverhalten z. B. beim Papierverbrauch oder dem Kleidungs- und E-Gerätkauf in Frage gestellt. Diese kritische Reflexion ist die zentrale Herausforderung der Maßnahmen: zu zeigen, dass unser Handeln globale Auswirkungen auf das Leben von Menschen und die Umwelt in anderen Teilen der Welt hat und dass es Handlungsoptionen in Bezug auf einen nachhaltigen Konsum gibt.
Die Workshops an Schulen ermöglichenden Schüler*innen einen Perspektivwechsel (Konsument/Produzent). Dies stärkt ihre Kompetenz, die Folgen ihres Lebensstils besser einzuschätzen. Darüber hinaus werden in jedem Workshop gemeinsam Handlungsoptionenerarbeitet. Ziel ist es, dass die Schüler*innen sowohl theoretisch in der Lage sind, die Folgen des Lebensstils und alternative Handlungsoptionen zu benennen, als auch praktische Maßnahmen als Person und als Gruppe zu ergreifen (z. B. faire Abschluss-T-Shirts, Sammelstation für alte Handys, Mülltrennung, Einsatz von Recyclingpapier). Zieldieser Maßnahmen ist somit, die Kenntnisse der Schüler*innen und der Lehrkräfte zu erweitern und ausgehend von diesem Wissensstand ihnen alternative Handlungsoptionen aufzuzeigen. Die Zielgruppe erfährt dabei, in welchen Bereichen sie selbst im Sinne eines nachhaltigen Konsums aktivwerden kann und in welchen Bereichen Industrie und Politik gefragt sind.
Die Ausstellung „Die Reise einer Jeans“, die im nächsten Jahr in Zusammenarbeit mit den Mitgliederndes Hammer Künstlerbundesdurchgeführt wird, führt zu einer intensiven Auseinandersetzung der Künstler*innen mit dem Thema Textilproduktion. Die neuerlangten Erkenntnisse fließen in eine visuelle Darstellung der Thematik, die den Besuchern der Ausstellungermöglicht, über die dargestellten Fakten hinaus einen Perspektivwechsel zu vollziehen. Mit Workshops und einem Begleitprogrammwird die Auseinandersetzung mit der Thematik der Auswirkungen unseres Lebensstils auf Menschen in den Ländern des globalen Südens intensiviert. Aufgezeigte Handlungsoptionen regen die Besucher*innen und Künstler*innen an, ihr eigenes Verhalten zu überdenken und ggfs. zu verändern.
Durch Film- und Diskussionsforen sowie weitere Veranstaltungen rund um die Themen Wegwerfgesellschaft, Ressourcenschutz und nachhaltiger Konsum bekommt die Zielgruppe (Studierende, Multiplikatoren, Erwachsene) die Möglichkeit, neues Wissen über die Problematik anzueignen, eine Mitverantwortung an der Entstehung von sozialen und Umweltproblemen in den Ländern des Südens zu erkennen sowie alternative Handlungsoptionen kennenzulernen. Ein Teil der Zielgruppe wird hierdurch ermächtigt, das eigene Verhalten zu verändern oder anderen Personen die Problematik zu erläutern.
Die Anstrengungen hin zu einemnachhaltigen Wirtschaften und menschenwürdiger Arbeit sowie zu einem verantwortungsvollen Produktions- und Konsummuster sind außerordentlich groß. Wir können unsere Augen nicht vor den Tatsachen verschließen, dass Arbeitsrechtsverletzungen und Umweltzerstörung katastrophale Folgen vor allem in Ländern desglobalen Südens hervorrufen. Es ist festzustellen, dass diese großen Herausforderungen erst zu meistern sind, wenn wir unseren Lebensstil nachhaltig gestalten, ressourcenschonend produzieren, eine umfassende Kreislaufwirtschaft anstoßen und uns somit von der Wegwerfgesellschaft verabschieden.